Berliner Testament: Nachteile und Vorteile im Überblick
Das Berliner Testament ist eine einfache und häufig gewählte Möglichkeit, sich als Ehepartner gegenseitig stärker als gesetzlich vorgesehen abzusichern. Doch dieses gemeinschaftliche Ehegattentestament ist nicht immer sinnvoll. Ehepaare sollten sich genau über die Vor- und Nachteile informieren. Zu beachten sind auch die Folgen, wenn der hinterbliebene Ehepartner erneut heiratet.
Was ist ein Berliner Testament?
Das Berliner Testament ist eine besondere Form des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments. Darin setzen sich Eheleute oder eingetragenen Lebenspartner gegenseitig als Alleinerben ein. Kinder (oder andere Personen) erben im ersten Erbgang nichts. Sie kommen erst als Schlusserben nach dem Tod des zweiten Ehepartners zum Zuge.
Warum entscheiden sich so viele Ehepaare für das Berliner Testament?
Hauptmotivation ist die gegenseitige Absicherung der Ehepartner. Insbesondere wenn das Ehepaar eine eigene Immobilie bewohnt, ist es häufig sinnvoll, wenn der länger lebende Ehepartner die Immobilie erst einmal allein erbt. Denn nach gesetzlicher Erbfolge würde eine Erbengemeinschaft mit den Kindern entstehen – und der länger lebende Ehepartner kann dann nicht mehr allein über die Immobilie entscheiden.
Wie setzt man ein Berliner Testament auf?
Das Berliner Testament ist ein gemeinschaftliches Testament, das heißt die Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner setzen das Testament gemeinsam auf. Es bildet ihren gemeinsamen Willen ab, denn die Eheleute regeln in einem einzigen Testament beide Erbgänge: den ersten Erbgang nach dem Tod des ersten Ehepartners und den zweiten Erbgang nach dem Tod des zweiten.
Berliner Testament handschriftlich oder notariell aufsetzen
Grundsätzlich sind beide Formen – handschriftlich und notariell – möglich und gültig. Beim handschriftlichen Berliner Testament schreibt einer der Ehegatten das Testament und beide unterschreiben es.
Video "Was ist ein Berliner Testament?"
Welche Vorteile hat das Berliner Testament?
Der größte Vorteil ist die gegenseitige Absicherung der Ehepartner. Insbesondere wenn die Kinder noch minderjährig sind, kann es sinnvoll sein, sich gegenseitig als Alleinerben einzusetzen. Denn damit werden Erbengemeinschaften vermieden, bei denen die Kinder Miteigentümer von Immobilien werden.
Mit dem Berliner Testament findet keine erbrechtliche Auseinandersetzung statt. Das Vermögen bleibt in der Familie, und es müssen keine Wertgegenstände oder Immobilien verkauft werden, um zum Beispiel Erben auszuzahlen. Der länger lebende Ehepartner kann in der Immobilie wohnen bleiben und vom Vermögen leben.
Das Berliner Testament hat eine hohe Bindungswirkung. Durch diese Bindungswirkung wird sichergestellt, dass der Wille des zuletzt Versterbenden auch ausgeführt wird. So kann der hinterbliebene Ehepartner zum Beispiel nicht die leiblichen Kinder des verstorbenen Ehepartners enterben. Auch kann der länger Lebende nicht die gemeinsame Entscheidung ändern, nach dem Tod beider Ehepartner Teile des Nachlasses an eine gemeinnützige Organisation zu spenden.
Die gemeinsamen Kinder sind als Schlusserben abgesichert. Das ist insbesondere wichtig, falls der länger lebende Ehepartner nochmals heiratet und weitere Kinder hat.
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Was sind die größten Nachteile des Berliner Testaments?
Bei größeren Vermögen macht das Berliner Testament aus erbschaftssteuerlicher Sicht häufig wenig Sinn. Freibeträge werden nicht optimal genutzt und Vermögen vielleicht sogar zweimal von der Erbschaftssteuer erfasst: Denn da der länger lebende Ehepartner zunächst den gesamten Nachlass erbt und dieser im zweiten Erbgang an die Kinder (Schlusserben) vererbt wird, wird das Nachlassvermögen des Ehepaares – zumindest teilweise – zweimal besteuert.
Bei der Nachlassplanung nutzen viele Ehepaare keine Schenkungen. Das Beispiel im Artikel "Wie Sie mit Schenkungen Steuern sparen" zeigt, dass Ehepaare beim Vermögensübergang auf ihre Kinder sehr viel Schenkungs- und Erbschaftssteuern sparen können, wenn sie statt eines Berliner Testaments auf gezielte Schenkungen setzen – und zwar sowohl wenn der Erbfall innerhalb von zehn Jahren eintritt oder danach.
Die hohe Bindungswirkung des Berliner Testaments ist nicht nur ein Vorteil, sondern gleichzeitig ein großer Nachteil. Das Berliner Testament ist nach dem Tod des ersten Ehepartners für den länger Lebenden bindend, ein Widerrufsrecht gibt es dann nicht mehr.
Wenn aber ein Ehepartner vergleichsweise jung verstirbt, können sich die Lebensumstände des länger Lebenden verändern, so dass das Berliner Testament nicht mehr passt. Öffnungsklauseln können es dem Hinterbliebenen ermöglichen, das Testament zu ändern. Auch Wiederverheiratungsklauseln für den Fall, dass der überlebende Ehepartner erneut heiratet, sollten bedacht werden (siehe unten).
Ein Nachteil für die Kinder ist, dass sie im ersten Erbgang leer ausgehen. Auch lässt sich nicht absolut ausschließen, dass diese nicht doch auf ihrem Pflichtteil bestehen (siehe nächster Absatz).
Wie kann man verhindern, dass Kinder ihren Pflichtteil einfordern?
Damit die Kinder im ersten Erbgang ihren Pflichtteil nicht geltend machen, kann eine Pflichtteilsstrafklausel ins Testament aufgenommen werden. Sie besagt, dass ein Kind, das nach dem Tod des Erstversterbenden gegen den Willen des länger Lebenden seinen Pflichtteil verlangt, auch nach dem Tod des Letztversterbenden nur seinen Pflichtteil erhält.
Tipp: Besser ist es, mit den Schlusserben einen Pflichtteilverzicht zu vereinbaren. Dies muss notariell erfolgen.
Was bringt ein Berliner Testament bei kinderlosen Ehepaaren?
Bei kinderlosen Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften ist die Alleinerbeneinsetzung besonders sinnvoll. Denn andernfalls würden nach der gesetzlichen Erbfolge die Eltern, Geschwister oder entfernte Verwandte des zuerst versterbenden Ehepartners gemeinsam mit dem länger Lebenden erben. Dies möchte man in aller Regel vermeiden.
Ist das "Berliner Testament" eine gute Lösung?
Nicht unbedingt, denn es gibt große Nachteile (siehe oben). Beim "Berliner Testament" erben die Kinder erst, wenn auch das zweite Elternteil verstirbt. Die Kinder haben aber das Recht, im ersten Erbgang ihren Pflichtteil einzufordern. Dann muss genug Bargeld zum Auszahlen vorhanden sein. Außerdem handelt es sich um ein gemeinsames Ehegattentestament. Der überlebende Ehepartner kann es allein nicht mehr ändern, das Testament entfaltet eine hohe Bindungswirkung. Da das gesamte Vermögen zuerst auf den hinterbliebenen Ehegatten und dann erst auf die Kinder übergeht, kann es zu einer höheren Erbschaftssteuerbelastung kommen, denn die Steuerfreibeträge der Kinder können im ersten Erbgang nicht ausgenutzt werden.
Tipp: Bei umfangreichen Vermögen sollten Sie Schenkungen und Alternativlösungen, zum Beispiel Vermächtnisse, in Betracht ziehen.
Was sind bessere Alternativen für Ehepaare?
Je nach Zielsetzung, Lebenssituation und Vermögenshöhe sollten Testamente individuell gestaltet werden. Mit der Alleinerbeneinsetzung wird die Absicherung des Ehepartners erreicht. Diese sollte durch Vermächtnisse ergänzt werden. Mit der Anordnung von Vermächtnissen erhalten zum Beispiel Kinder Vermögen aus dem Nachlass. Sie werden somit schon im ersten Erbgang am Nachlass beteiligt. Damit kann zudem die Erbschaftsteuerlast deutlich reduziert werden.
Worauf sollten Patchworkfamilien achten?
Hier sind präzise testamentarische Regelungen notwendig. Wird kein Testament oder Erbvertrag errichtet, dann entscheidet der Zufall (beziehungsweise die Reihenfolge des Versterbens), wer was erbt.
Denn nach der gesetzlichen Erbfolge sind nur die eigenen leiblichen (und adoptierten) Kinder erbberechtigt, nicht aber die Stiefkinder. Deshalb sollten Paare in Patchworkfamilien gemeinsam überlegen, wie sie ihren Nachlass aufteilen sollen und dies testamentarisch festlegen: in Einzeltestamenten, in einem gemeinschaftlichen Testament oder bei unverheirateten Paaren in einem Erbvertrag.
Wie können sich unverheiratete Paare gegenseitig absichern?
Zu beachten ist, dass nicht verheiratete Partner nach der gesetzlichen Erbfolge nicht erbberechtigt sind. Daher ist eine testamentarische Regelung unbedingt notwendig, wenn man sich gegenseitig absichern möchte. Ein gemeinschaftliches Testament ist für unverheiratete Paare nicht möglich, wohl aber ein Erbvertrag.
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Exkurs: Wiederverheiratung regeln
Heiratet der überlebende Ehepartner erneut und stirbt dann, würde dies das Erbe der eigenen Kinder erheblich schmälern. Daher sollten Verheiratete das Erbe für ihre Kinder unbedingt mit einer Wiederverheiratungsklausel in einem Erbvertrag sichern.
Ein Beispiel: Ein Mann hinterlässt seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern ein Nachlassvermögen von 450.000 Euro. Das Ehepaar hat mit seinen Kindern einen Erbvertrag abgeschlossen.
In diesem Vertrag wurde vereinbart, dass die Kinder beim Tod des ersten Elternteils zu Gunsten des anderen Elternteils auf ihre Erbansprüche verzichten. Die Ehefrau bekommt deshalb den gesamten Nachlass, und die Kinder erhalten ihren rechtmäßigen Anteil erst nach dem Tod beider Elternteile. Wenn die Mutter das Erbe ihres verstorbenen Ehemanns bis dahin nicht schmälert, sind das für jedes Kind 150.000 Euro.
Die Witwe heiratet jedoch wieder. Wenn sie nun vor ihrem neuen Ehemann stirbt, erhält er die Hälfte ihres Nachlassvermögens, also auch die Hälfte der 450.000 Euro, die ihr erster Mann hinterlassen hat. Für die Kinder bleiben somit noch je 75.000 Euro als Erbe übrig. Das ist nur die Hälfte des Erbteils, auf den sie im Erbvertrag verzichtet haben. Die Kinder können nicht damit rechnen, den Rest nach dem Tod des zweiten Ehemannes ihrer Mutter zu bekommen, denn sie gehören nicht zum Kreis seiner gesetzlichen Erben.
Diese ungewollte Benachteiligung seiner Kinder hätte der Vater mit einer Wiederverheiratungsklausel im Erbvertrag verhindern können. So hätte er zum Beispiel bestimmen können, dass die Kinder bei einer Wiederverheiratung des überlebenden Partners den Betrag umgehend ausbezahlt bekommen, auf den sie ohne Erbvertrag beim Tod des ersten Elternteils Anspruch gehabt hätten.
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